Projekte

AIM, eine mutige Initiative zur Überwindung der weiblichen Genitalbeschneidung in Sierra Leone


Amazonian Initiative Movement, kurz AIM, ist eine Frauenrechtsorganisation, die seit 2003 in Lunsar, im Norden Sierra Leones tätig ist. In diesem westafrikanischen Land ist die weibliche Geni-talbeschneidung (Female Genital Cutting, FGC) eine gängige Praxis, von der mit über 90 Prozent die Mehrheit der Mädchen und Frauen betroffen ist. Die weibliche Genitalbeschneidung wird vorgenommen, um die Mädchen in die Gesellschaft der Frauen und damit die Welt der Erwachsenen aufzunehmen und diesen damit die Heirat zu ermöglichen. Unbeschnittene Frauen müssen mit massiver sozialer Ausgrenzung rechnen. Die negativen Folgen von FGC sind weitreichend: Sie reichen von Blutungen, Schockzuständen, Depressionen, Geburtsschwierigkeiten, Narben- und Fistelbildungen und leider auch häufig bis zum Tode. Diese kurz- und langfristigen Konse-quenzen werden von den Menschen meist nicht auf die Beschneidung zurückgeführt, da der Glaube tief verankert ist, dass es sich um einen Akt handelt, der den Mädchen und Frauen und damit der Gesellschaft Gutes bringt.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter AIM

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter AIM

AIM hat mit seiner Aufklärungsarbeit schon viel erreicht. Als die Organisation 2003 ihre Arbeit aufnahm, brach sie mit der öffentlichen Thematisierung der kulturellen Praxis ein Tabu, wofür sie massiv angefeindet wurde. Mittlerweile haben sich viele Menschen der Bewegung angeschlossen und die Organisation beschäftigt etwa 15 MitarbeiterInnen. Der Hauptsitz befindet sich in Lunsar; die Aktivitäten finden aber in verschiedenen Gemeinden des Port Loko-Distrikts statt. Die FeldanimateurInnen leben selbst in den Dorfgemeinschaften, um dort eine Vertrauensbasis zu schaffen, die eine effektive Arbeit ermöglicht. AIM arbeitet mit verschiedenen Ansätzen und unterschiedlichen Zielgruppen: mit Kindern und Jugendlichen arbeiten sie in den Schulen mit partizipativen Methoden wie Theaterspielen und Menschenrechtsclubs; mit Beschneiderinnen führen sie Aufklärungsarbeit durch, die sowohl gesundheitliche als auch Menschenrechtsaspekte einbezieht und bieten ihnen teilweise Einkommensalternativen; darüber hinaus sind Gesundheits- und Lehrpersonal, traditionelle und religiöse Führungspersönlichkeiten sowie PolitikerInnen wichtige Zielgruppen und PartnerInnen für die Arbeit zur Überwindung von FGC. Im Zusammenhang mit FGC werden auch andere Frauen- und Menschenrechtsverletzungen thematisiert wie Häusliche Gewalt, Kindsverheiratung oder sexualisierte Gewalt.

Durch die Aufklärungsarbeit von AIM wissen immer mehr Menschen um die negativen Folgen von FGC und die Zahl der Mädchen, die sich der Praxis verweigert, steigt stetig. In den vergan-genen Jahren haben AIM-MitarbeiterInnen immer wieder privat Mädchen aufgenommen, die vor FGC, Zwangsheirat oder Häuslicher Gewalt fliehen.

AIM Mädchenschutzhaus Rohbau 2010

Mädchenschutzhaus AIM Sierra Leone Rohbau

2009 sind AIM und Terre des Femmes eine Partnerschaft eingegangen. Mithilfe von Spendengeldern, die Terre des Femmes in Deutschland für AIM sammelt, konnte ein Schutzhaus für Mädchen gebaut werden, die vor FGC und anderen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt fliehen. Hier sollen bis zu 15 Mädchen Schutz finden. AIM wird wie bisher immer versuchen, mit den Familien der Mädchen Lösungen für die Konflikte zu finden, so dass die Mädchen in ihre Familien zurückkehren und dort sicher aufwachsen können. Nur wenn dies nicht gelingt, werden die Mädchen langfristig im Schutzhaus bleiben. Grundsätzlich wird sich AIM darum bemühen, dass alle Mädchen durch einen betreuten Austausch eine Verbindung zu ihren Familien aufrechterhalten können, auch in Fällen, in denen dies nur über einzelne Verwandte möglich sein sollte.

Innenausbau

Innenausbau des Mädchenschutzhauses

Im Frühjahr 2011 wird das Schutzhaus eröffnet. Terre des Femmes wird die laufenden Kosten übernehmen; dazu gehört die leibliche Versorgung der Mädchen sowie ihre Schul- und Ausbildungs- und Personalkosten. In dem Haus werden eine Sozialarbeiterin, die die Funktion einer Tante für die Mädchen übernehmen wird, ein Koch und ein Wächter arbeiten. Das Schutzhaus steht auf symbolischem Boden. Das Dorf Massetleh schenkte AIM das Land als Zeichen seiner Anerkennung. Dieses Dorf war das erste, das sich kollektiv gegen die Weiterführung von FGC aussprach. Es bietet dem Schutzhaus eine freundliche und sichere Umgebung, die ausstrahlt auf andere Gemeinden.

Mit diesem Projekt haben AIM und Terre des Femmes große Verantwortung auf sich genommen. Damit die Mädchen in sicheren Verhältnissen aufwachsen können und ihnen schulische und weiterführende Bildung zugesichert wird, müssen in Deutschland langfristig ausreichend Spenden eingeworben werden. Die Terre des Femmes Städtegruppe Rhein-Main möchte dabei helfen und macht das Schutzhaus deshalb zum Städtegruppenpartnerschaftsprojekt.

Weitere Informationen finden Sie unter:
Terre des Femmes e.V. Projekt mit AIM in Sierra Leone