von Bettina Renfro
Noch ganz unter dem Eindruck des Filmes und dem anschließenden Gespräch: Ich fand den Film grandios und ich habe mich prächtig amüsiert über die Dialoge. Zum Glück habe ich mich nicht von online Filmkritiken abschrecken lassen, sondern auf die Wahl der Kinothek vertraut und bin mal wieder nicht enttäuscht worden.
Los geht’s mit dem kleinen Gedächtnisprotokoll und Filmeindrücken, die hoffentlich Lust machen auf die weiteren Filmführungen im Hafen2 und im Eva.
Mitesser ausdrücken, die sich zum Lobeerkranz des Cannes Logos zusammensetzen. Auf so ein Bild muss frau erst mal kommen. Besonders schön dann der harte Schnitt auf den roten Teppich, wo zum 65. Run auf die Croisette ausgerechnet Kylie Minogue in die Kameras grinst. Da hat es mit Sicherheit mehr Aufwand gebraucht bis der Lack im aufgespritzen und glattgezogenen Gesicht sitzt, als bei den Filmhelden.
Ähnlich bitter und böse geht es weiter auf der Tour der Force von Regisseurin Isabelle Šuba, die Schauspielerin Anne Haug 4 Tage als Ihr Alter Ego auf die Festspiele schickt und zwar komplett mit Ihrer eigenen Identität, inklusive Präsentation ihres Kurzfilmes ChicaXX Mujer und in Begleitung Ihres echten Produzenten, der jedoch die Rolle eines imaginierten Super Chauvi von Produzenten spielt.
Im Gespräch erzählt Schauspielerin Anne Haug, der Film ist unter dem Eindruck entstanden, daß Cannes mal wieder ohne Film einer Regisseurin im Wettbewerb auskommt.
Der Film entstand in nur 4 Drehtagen ohne Drehgenemigungen, zum Teil mit Handy ohne die Regisseurin, weil man in Cannes als Filmschaffender ohne Akkreditierung nirgends reinkommt, selbst wenn man gerade einen Film dreht. Ringsum waren aber alle total aufgeschlossen, ob Restaurantbesitzer, Selbstdarsteller oder Hotelgäste. Also optimale Filmbedingungen für Guerillataktik .
Es gab verschiedene Ebenen der Improvisation bis hin zu unterschiedlichen Vorbereitungen der beiden Hauptprotagonisten auf eine Szene. Daraus entstanden die authentischsten Szenen mit unbezahlbarer Situationskomik.
Anne ist eigentlich Theaterschauspielerin und der Film hat ihr die Türen zu Filmrollen geebnet. Jetzt ist sie nach eigener Aussage ziemlich auf feministische Figuren gebucht.
Anne Haug glaubt das sich momentan ein Wandel vollzieht, weil auch Schauspielerinnen angeödet sind von den immer gleichen Rollen in denen Frauen meist nur in Beziehungen zu Männern dargestellt werden, meist heterosexueller Natur.
Auf die Frage, wer denn dahinter die treibende Kraft ist, etwa auch nur mutige Regisseurinnen und Produzentinnen oder etwa eine breitere Front, gibt Sie unumwunden zu, daß Sie das so genau gar nicht sagen kann, aber zumindest wird es thematisiert und die Rollenangebote vielschichtiger und besser. Außerden sind Filme von Frauen ja eh gleich “ Frauenfilme“ . Damit deutet sie an, daß das nicht zählt. Zudem ist das andere Problem der Branche, das es „zwischen 35 und 50 schwierig ist“ mit Rollenangeboten . „Ich bin seeehr alt“. Das ist echt ein Witz, wenn man Sie so frisch vor sich sitzen sieht, obwohl Sie gerade von einem Dreh kommt.
Die Filmbranche, der Jahrmarkt der Eitelkeiten in Cannes, die ewig gleichen Rituale werden ziemlich auseinandergenommen, aber auch Abhängigkeiten und Arbeitsbeziehungen im Kreativen Umfeld.
Viele Szenen sind auch aus der Situation heraus entstanden, wie zum Beispiel mit den Pizzaladies am Pool. Regieanweisung: Wer die Frau kriegt hat gewonnen.
Andere Szenen leben davon, daß die Protagonisten von der Regisseurin unabhängig voneinander Anweisungen erhalten haben und dann aufeinander losgelassen wurden. Außerdem soll Sie permanent in die Szenen hineingerufen haben. Bei 18-stündigen Drehtagen plus Spontandrehs am Pool in der Freizeit kann man sich vorstellen wieviel Materials in 4 Tagen ( und das ohne Gage) zusammenkommen. Chapeau vor Postproduction und der Cutterin, die das kurzweilig eingedampft hat.
Die Frage, ob der Mann nicht extrem überzeichnet sei, kommt von einem und er hätte sich gefragt warum sie überhaupt mit ihm zusammenarbeitet, konntert sie, daß er sozusagen die Quintessenz vieler Männer in der Branche ist und viele der sexistischen Sprüche genau so gefallen sind. Isabelle hat ihn einfach aus verschiedenen Mannsbildern zusammengesetzt und Anne hat auch noch was beigesteuert. Matthias Weidenhöfer durfte dann das Riesenarschloch spielen. Wobei Anne Haug findet, daß sich die beiden in nichts nachstehen – also geschlechtsunabhängige Arschlöcher sind.
Gut das am Schluß das Genre nochmal benannt wir “ Doku Fiction“ – auch ein großes Thema im Film: Welches Genre hat das Projekt? Wie pitche ( bewerbe) ich meinen Plot (Filmgeschichte)? Wie reißerisch ist der Arbeitstitel? Hast Du das Treatment (Filmzusammenfassung) gelesen?
Sonst hätte ich gedacht es ist eine feministische Strassenbahn Roadmovie Komödie.
Den Film gibt es auch als DVD. Hopefully with loads of out takes (Hoffentlich mit vielen rausgeschnittenen Szenen)
Next chance to see/nochmal seh’n
30.10.2015 Hafen 2 Hafenkino 20:00
Irgendwo zwischen Frankfurt und Kaiserlei Offenbach
3.11.2015 Eva Evangelische Frauenbegegnungszentrum Saalgasse am Dom