von Nora Herzog 12 Mai 2014
Ein spannend besetztes Podium, ein bunt gemischtes Publikum und zahlenmäßig die größte Resonanz in der Geschichte der Städtegruppe
Letzten Freitag war es soweit: Unsere 9 Monate lang geplante Podiumsdiskussion „Female Riots – Neue Formen des feministischen Protests“ fand im Rahmen des Women of the World Festivals im Orange Peel in Frankfurt am Main statt.
Auf dem Podium saßen als Diskussionsteilnehmer*innen:
Ursula auf der Heide Stadtverordnete Frankfurt Die Grünen
Nils Pickert Journalist, Mitstreiter von pinkstinks
Navina queerfeministische Aktivistin
Gunhild Mewes Gründerin der Initiative „Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt“
Bettina Renfro feministische Menschenrechtsaktivistin, TERRE DES FEMMES
Cia Torun Performancekünstlerin und Schriftstellerin
Sexualisierte Gewalt, Prostitution, geschlechtertrennende Rollenvorschriften, Kooperation und Konkurrenz im Feminismus – all das sind Themen, die im Laufe des Abends zur Sprache kamen. Im Folgenden möchte ich den Abend nicht chronologisch Revue passieren lassen, sondern einzelne Aspekte der Diskussionsteilnehmer nach Themen gebündelt wiedergeben.
zum Thema Prostitution
“ Sexarbeit ist so frei von Zwängen, wie Arbeit das im Kapitalismus sein kann“ (Navina)
„Prostitution ist Verfügungsgewalt über Frauenkörper“ (Gunhild Mewes)
„Die Mehrheit der Prostituierten sind Zwangsprostituierte, deswegen spricht sich TERRE DES FEMMES für ein Sexkaufverbot aus“ (Bettina Renfro)
„Ausgerechnet bei Prostitution sind Marktradikalismen legitim/ Es besteht Regelungs-, kein Verbotsbedarf“ (Ursula auf der Heide)
„Schade ist, dass Feministinnen sich oft, wie gerade zum Beispiel im Hinblick auf Prostitution, gegeneinander ausspielen, während die Männer sich zurücklehnen und zuschauen, wie sie sich gegenseitig zerfleischen“ (Nils Pickert)
Zentrale Fragen sowohl auf dem Podium als auch im Publikum in diesem Zusammenhang waren u.a., ob das ‚nordische Modell‘ stigmatisiere, ob der Begriff ‚Sexarbeiterin‘ der Zuhältersprache zuzuordnen sei oder auch ob ein Sexkaufverbot gesellschaftliche Realitäten schaffe.
zum Thema Feminismus
„Es gibt nicht den Feminismus/ Feminismus ist vor allem Selbstermächtigung/ zwei Thesen, die komplett gegensätzlich sind, können dennoch beide feministisch sein“ (Nils Pickert)
„Wir müssen unseren Geschlechterkomplex überwinden und uns daran erinnern, dass wir vor allem Menschen sind“ (Cia Torun)
“ TERRE DES FEMMES arbeitet sich an den Brüchen innerhalb unserer Gesellschaft ab, an denen Frauen weiterhin diskriminiert werden.“ (Bettina Renfro)
„Alle Formen von Diskriminierungen, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus etc., müssen mitbedacht werden, um nicht reproduziert zu werden / Herrschaftsverhältnisse müssen überwunden werden um Platz für Gleichwertigkeit zu schaffen“ (Navina)
Auch hier ergaben sich zentrale Fragen, z.B. ob Feminismus nicht noch klarer definiert werden müsste. Können wir wirklich sagen, dass zwei gegensätzliche Thesen beide feministisch sind? Bricht der feministischen Bewegung aufgrund einer Zerfaserung die Schlagkraft weg? Und könnte es sein, dass in der heutigen feministischen Bewegung mehr Energie in Protestaktionen als in die Veränderungen auf rechtlicher Ebene gesteckt wird? Diese beiden Themen waren die am kontroversesten diskutierten.
Unser Thema „Female Riots – Neue Formen des feministischen Protests“ ist offensichtlich auf großes Interesse gestoßen. Wir haben uns über die vielen Gäste gefreut. Unser Podium war kompetent besetzt, die aktuellen Protestformen gut vertreten.
Unerwartet umfangreich wurde das Thema Prostitution diskutiert. Dass die Meinungen hier auseinander gehen, ist verständlich, immerhin ist es ein sehr emotional besetztes Thema. Allerdings hatte es zur Folge, dass weniger Zeit und Raum für die Vorstellung und Diskussion des neuen feministischen Protests blieb. Nicht zur Sprache kamen beispielsweise der queerfeministische Ansatz oder der Netzfeminismus. Die Rolle der Neuen Sozialen Medien wurde nur ganz kurz angeschnitten. Am Rande wurde Femen erwähnt, allerdings ohne näher in die Diskussion mit einbezogen zu werden.
Alles in allem waren wir positiv überrascht von der Besucherzahl und freuen uns, dass es uns gelungen ist, eine so lebhafte Diskussion zu ermöglichen. Das starke Interesse an den Female Riots motiviert uns, auch in dieser Richtung weiter zu arbeiten.
Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten.