Die Schirmherrin eröffnet die Ausstellung mit einer sehr persönlichen Rede
„Sie versprachen mir ein herrliches Fest, über den ungeheuren Schmerz hat mir niemand etwas gesagt.“
Am Montag, den 14. Februar hatten die TERRE DES FEMMES – Städtegruppe Rheinmain und der afrikanische Verein Maisha e. V. in die Zentralbibliothek, Frankfurt am Main geladen. Eröffnet wurde die Ausstellung von TERRE DES FEMMES zum Thema „Weibliche Genitalbeschneidung (FGM)“
Unterstützt wurden sie dabei von der Schirmherrin der Ausstellung, Dr. Narges Eskandari-Grünberg, Dezernentin für Integration in Frankfurt, dem Amt für Multikulturelle Angelegenheiten (AmkA), dem Frauenreferat der Stadt Frankfurt, dem Netzwerk gegen Gewalt sowie dem Gesundheitsamt Frankfurt. Allen Unterstützern, insbesondere Frau Kopp von der Stadtbücherei, die die Realisierung der Ausstellung in dieser Form erst ermöglicht hat, sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt!
Die gut besuchte Veranstaltung eröffnete die Koordinatorin der Städtegruppe Gabriele Schulz, die in ihrer Einleitung klare Worte für die Position von TERRE DES FEMMES fand: Null Toleranz gegenüber Genitalbeschneidung! Sie legte dar, dass 15 Minuten ausreichten, um das Leben eines Mädchens auf ewig irreversibel zu verändern. „Sie versprachen mir ein herrliches Fest, über den ungeheuren Schmerz hat mir niemand etwas gesagt.“, so eine Überschrift in der Ausstellung. TERRE DES FEMMES will dagegen etwas tun und engagiert sich bereits seit Jahren in Form von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen wie eben der aktuellen in Frankfurt, um aufzuklären über menschenunwürdige Praktiken und Behandlungsformen gegenüber Frauen in verschiedenen Teilen der Welt. Genitale Beschneidung ist dabei seit der Gründung von TERRE DES FEMMES ein besonders wichtiges Thema. Mit den Spenden, die über Öffentlichkeitsarbeit gewonnen werden, können dann Projekte unterstützt werden, wie sie im Laufe des Abends beispielhaft vorgestellt wurden.
Dr. Narges Eskandari-Grünberg stellte eingangs die Frage: „Wie kann man anderen Menschen so etwas überhaupt antun?!“ Als „blankes Entsetzen“ bezeichnete sie ihre erste Reaktion auf das Thema. Es sei für sie ganz klar, dass über Weibliche Genitalbeschneidung gesprochen werden müsse. Es solle jedoch genau bedacht werden, wie. Maßgebend müsse demnach die Vorgabe sein, betroffene Frauen nicht noch einmal unbedacht verbal zu „verletzen“, den Begriff „Verstümmelung“ also zu vermeiden, den tabuisierten Charakter des Themas in Gegenwart von betroffenen Frauen nicht zu negieren sowie die Betroffenen auch nicht als defizitär zurückzusetzen. „Und bei allen Fragen, die mit dem weiblichen Körper, weiblichen Gefühlen zu tun haben, darf etwas keinesfalls entstehen: Voyeurismus.“ Dass die Ausstellung in einem Land gezeigt werde, wo Gleichberechtigung, Würde und Freiheit von Frauen ein weitgehend gesicherter Zustand seien, verkörpere ihrer Auffassung nach Verpflichtung und Hoffnung zugleich.
Virginia Wangare-Greiner, Gründerin des Vereins Maisha e. V. betonte in ihrem Vortrag die Relation zwischen Integration und Tradition: es sei besonders wichtig zu verstehen, dass Integration nur dann funktioniere, wenn sich Menschen in einem fremden Land wohlfühlten. Ansonsten hielten sie sich an ihren Traditionen fest. Wangare-Greiner spricht aus langjähriger Erfahrung, in der sie afrikanischen Menschen in Frankfurt und Umgebung das „Sich-Wohlfühlen“ versucht hat zu erleichtern, indem sie ihnen mit Rat und Tat zur Seite stand, wenn sich Familien mit Entscheidungen, insbesondere zu Themen traditionellen Ursprungs, schwer taten. Ein zentrales Thema sei dabei die Genitalbeschneidung, so Wangere-Greiner. Es ist ihrer Ansicht nach unumgänglich, dieses spezifisch weibliche Thema auch und vor allem mit Männern zu diskutieren, da afrikanische Familien oftmals traditionell- patriarchisch sowie Generationen übergreifend organisiert seien, was zur Folge habe, dass bei Problemstellungen eine Vielzahl von Personen an der Lösungs- und Entscheidungsfindung beteiligt seien.
Diskussionsstoff boten zum Abschluss der Veranstaltung die vorgestellten Beispiele aus der TERRE DES FEMMES Arbeit in Afrika. Weniger zwar die Powerpoint-Präsentation über die Gründung und Organisation eines Schutzhauses für gefährdete Mädchen und junge Frauen in Sierra Leone von Veronika Kirschner, dafür umso mehr der Film „Bangr Nooma“, der die Aufklärungsarbeit einer ehemaligen Beschneiderin über das Thema Genitalbeschneidung in einer Aufklärungsstunde vor Ort auf sehr drastische, dem Frontalunterricht ähnliche Form dokumentiert. Es werden den Frauen dabei farbige Skizzen gezeigt, die die unterschiedlichen Formen der Beschneidung und deren Folgen nüchtern und doch schockierend direkt zeigen. Wie direkt und drastisch Aufklärungsarbeit in betroffenen Gegenden Afrikas geleistet werden sollte, bot demnach viel Gesprächsstoff. Unumstritten dürfte jedoch neben didaktischen Kontroversen bleiben, dass Aufklärung und Stärkung von Frauen sowie Männern im Kampf gegen Genitalbeschneidung noch viel Unterstützung benötigen.
Die Ausstellungseröffnung war im Übrigen Auftakt einer zweiwöchigen Veranstaltungsreihe zum Thema Weibliche Genitalbeschneidung. Am 16. Februar folgte ein medizinischer Fortbildungstag zum Thema „Sensibler Umgang mit weiblicher Genitalbeschneidung“ für Pädagogen und med. Personal. Zum Abschluss wird am 24.2. der Film „Hibos Lied“ gezeigt. Dieser sensibilisiert für die Situation der von weiblicher Genitalbeschneidung betroffenen Frauen und ihrer Familien in Deutschland. Anschließend gibt es die Möglichkeit zum Gespräch mit der Filmemacherin Renate Bernhard.
Die Ausstellung befindet sich noch bis Samstag, den 26. Februar ca. 14 Uhr im Untergeschoss der Bibliothek in der Hasengasse 4, Frankfurt/M.